ICH WILL WISSEN, WIE ICH MEINE SCHWESTERN, DIE SICH SO VIELE
GESCHICHTEN ENTFERNT VON MIR BEFINDEN, ERREICHEN UND HALTEN KANN.

GEDICHTE WIE SUMMENDE MÜNDER.
GEDICHTE WIE AUSGESTRECKTE HÄNDE,
ÜBER GRENZEN UND NATIONALITÄTEN HINWEG.
GEDICHTE, WIE FÜẞE, WIE TÖCHTER,
DIE IM STAUB UNSERER VERGANGENHEIT TANZEN.


~ Aja Monet ~

Jede von uns wird zu einem Gedicht; zu Strophen, die sich ohne Angst ausbreiten. Und doch sind zu viele in der Stille verblasst, verschwunden. Wir sind verschwunden. Wir fehlen; wir sind verloren gegangen und wurden gestohlen. Jeden Tag finden wir uns ineinander wieder. Redensarten und Klänge, auf unseren Atem gekritzelt. Wir sind die Gedichte, auf die wir gewartet haben.

Während wir alle darum kämpfen, den Schmerz und die Heilung dieser sich wandelnden Zeit auszugleichen, brauchen wir durchdringende Worte, Süßwassermetaphern, die machetengleich die Luft zerschneiden. Wir brauchen Bilder, die durch unsere Visionen belebt werden. Ich habe Wunder gesehen: das glühende Feuer unseres Zorns, die überwältigende Erschaffung unserer Fürsorge. Unsere Leben sind bedeutsamer als unser Leiden zu besingen oder den Schorf unserer Narben abzukratzen. Wir sind die Gebete unseres Vergnügens, die Heilmittel unserer Wut, wie wir uns um die uns hinterlassenen Wunden kümmern. Was summen uns unsere Bräuche aus längst vergangenen Tagen entgegen? Wer sind wir, genährt durch aktives Zuhören, geliebt und lebendig? Wir brauchen den Mut, die Wahrheit zu sagen.

Mit außerordentlicher Freude und voller Aufregung möchte ich ein gänzlich neues Kunstprojekt vorstellen: eine von mir geleitete Initiative, die ich für denV-Dayentworfen habe; eine weltweit aktivistische Bewegung zur Beendigung der Gewalt gegen alle Frauen (Cis- und Transgender), all diejenigen, die veränderliche Identitäten besitzen, gegen nichtbinäre Menschen, Mädchen und den Planeten. Historisch betrachtet entstand die V-Day-Bewegung aus Initiativen, ehrenamtlich Engagierten sowie Studentinnen und Studenten, die jährliche Benefizaufführungen eines von V (ehemals Eve Ensler) verfassten Theaterstücks mit dem Titel Die Vagina-Monologe organisierten, um Anti-Gewalt-Gruppen in ihren eigenen Gemeinden zu unterstützen. Jedes Jahr wächst der V-Day, der Tausende von Überlebenden, Gemeindevorsteherinnen, Künstlerinnen und Organisatorinnen auf der ganzen Welt in ihren Bestrebungen unterstützt, Gewalt gegen Frauen, Mädchen und den Planeten zu beenden. Der V-Day ist ein leuchtendes Vorbild dafür, dass Kunst Macht ist, die zur Umgestaltung des Bildungswesens und zur Gestaltung sozialer Gerechtigkeit eingesetzt werden kann.

Während Die Vagina-Monologe von, mit und für verschiedene Gemeinden auf der ganzen Welt aufgeführt wurde, ist es an der Zeit, dass neue Kunst und neue Geschichten im Zentrum unserer Bewegung gegen Gewalt, Armut, Rassismus und das Patriarchat stehen. Daher freut es uns sehr verkünden zu können, dass der V-Day offiziell seinen Schwerpunkt von den Die Vagina-Monologe als Kernstück der Aktionen unserer Bewegung auf ein völlig neues Theaterstück namens Voicesverlagert; ein Projekt, bei dem ich als Künstlerische Leiterin fungieren werde, um Geschichtenvon Schwarzen Frauen für Schwarze Frauen auf dem afrikanischen Kontinent und in der gesamten afrikanischen Diaspora in den Vordergrund zu stellen.Die Vagina-Monologe werden als Theaterstück auch weiterhin unabhängig vom V-Day Millionen von Frauen weltweit zugutekommen.

Inmitten des Tumults auf den Straßen und der weltweiten Unruhen müssen wir uns daran erinnern, dass wir heilig und in allen Dingen gegenwärtig sind. Bis wir tief in uns gehen, bis wir in unseren Heilungsbemühungen unterstützt werden, leben wir weiterhin in Angst, Unsicherheit und Trauma. Bei jeder sich bietenden Gelegenheit verspotten die sogenannten sozialen Medien unser Schattendasein, verfestigen unentwegt unsere auslösenden Ereignisse und propagieren unsere destruktivsten Verhaltensweisen. Dieses neue Theaterstück leitet in Verbindung mit der dazugehörigen Initiative einen weiteren Prozess ein, der uns dazu einlädt, uns neu zu betrachten und uns in unserer Beziehung zueinander neu zu erfinden, um uns jenseits unserer Bildschirme zu organisieren und uns miteinander zu identifizieren.

Genau jetzt ist es an der Zeit, dass sich Künstlerinnen an die Arbeit machen. Wir haben keine Zeit mehr für Verzweiflung; es gibt keinen Platz für Selbstmitleid, keinen Grund zu schweigen, keinen Raum für Angst. Wir sprechen, wir schreiben, wir kommunizieren. So heilen Zivilisationen. – Toni Morrison 

Es ist wichtig, die Stimmen Schwarzer Frauen zu bündeln, aber nicht nur, weil wir Schwarz oder weil wir Frauen sind. Unsere Darstellungen der Weiblichkeit sind nur so kraftvoll wie unsere Solidaritätsbekundungen. Wir können unsere Identität als Schwarze Frauen weder ignorieren noch überbewerten. Keine Bewegung wird ohne unsere Schwesternschaft überleben. Wenn wir einander in unseren Anstrengungen und unserer Begeisterung, in unseren Enttäuschungen und unseren Gegensätzen tragen können, wenn wir in der Welt mehr Raum für heilende Gerechtigkeit schaffen, finden wir die Freude jenseits unseres Kummers. Wir lehnen es ab, den unsererseits erlittenen Schaden fortzusetzen. Wir weigern uns, das zu tun.

In der Kunst geht es weniger um den reaktiven Ausdruck als vielmehr um ein beabsichtigtes Dasein. Sie ist unsere Interpretation dessen, was uns eint. Wir sind nicht kreativ, weil wir die Antworten haben. Wir sind kreativ, weil wir von unseren Fragen besessen sind. Von Menschen für Menschen geschaffene Kunst ist bedeutsam und notwendig. Kunst ist, wie wir Ideen umsetzen, wie wir heilen. Bedeutsame Kunst dient unserem Bewusstsein und erweitert dieses. Was kann weitreichender als das Bewusstsein weltweit vereinter Frauen sein? Das Ungehörte hörbar und das Unsichtbare sichtbar machen. Großartige Kunst zeigt uns, wie man zuhört. Durch sie entdecken wir unsere Zugehörigkeit und unsere Bestimmung. Die kosmische Kraft des Möglichen.

VOICES WIRD EIN ANGEBOT AN UNSER HÖCHSTES SELBST SEIN.
EIN DIE DINGE BEIM NAMEN NENNENDES RITUAL.
DAMIT WIR HÖREN, WIE WIR EINANDER HÖREN.

Während sich der V-Day weiterhin auf der ganzen Welt für ein Ende der Gewalt gegen Frauen, Mädchen und den Planeten einsetzt, verlagern wir den Schwerpunkt von unseren Vaginas auf die Visionen unserer Stimmen. Während wir leben und lieben, müssen wir uns selbst immer wieder neu überdenken und unsere Überzeugungen in Bezug auf das Geschlecht und entsprechend auch auf Rasse und Klasse überprüfen. Wir sind mehr als unsere Körper, auch wenn wir durch sie zaubern können. Wir wollen wieder ins Gedächtnis zurückgerufene Wertesysteme begründen. Wir wollen zeigen, wie Solidarität entstehen kann. Wir wollen, dass all diejenigen, die behaupten, dass ihnen etwas an uns liegt, uns zuhören und mit uns zusammenarbeiten, fantasieren und gestalten. Wir können unsere Stimmen auf vielerlei Art erklingen lassen. Einige von uns singen, andere tanzen, wieder andere malen. Aktives Zuhören ist ebenfalls Teil dessen, wie wir sprechen.

Inmitten all dessen, was unsere Gemeinden herausgefordert hat, sehe ich eine Zukunft, in der alle Frauen weltweit geliebt und umsorgt werden. Ich sehe eine Kultur, die durch die Dankbarkeit für die Arbeit, den Glanz und die Mentalität Schwarzer Frauen verändert wird. Sogar jetzt noch erlebe ich Schwarze Frauen, die Geschichten an der vordersten Front unserer Träume entlangtragen, in Kliniken und Krankenhauszimmer, auf dem Markt und in Lebensmittelgeschäften, in Wohnzimmern und sogar bei Videotelefonaten. Überall auf der Welt erlebe ich Schwarze Frauen, die etwas aus dem Nichts erschaffen, wie sie es schon immer getan haben, wie sie Wunder des Wahnsinns vollbringen und dabei Stärke und Anmut bewahren. Wir erschaffen. Unerschrocken übernehmen wir zunehmend mehr Macht, tragen Führungsverantwortung in unseren Leben und fordern uns ein, geliebt zu werden. Wir zeigen es unserer Verletzbarkeit und offenbaren unsere intimsten Visionen. Wir sind mehr als die oberflächlichen Vorstellungen von Kolonialismus, Weißsein und dem Patriarchat. Wir sind die poetischen Philosophinnen einer unbemerkten Welt. Wir sind eben die Sprache der Verschiedenheit und Magie.

Seit langem hat man unsere Wut als Waffe gegen uns eingesetzt. Schwarzen Frauen wird, wenn überhaupt, nur selten die Möglichkeit gegeben vielschichtig, dynamisch, unvollkommen und unbändig zu sein. Wir befinden uns unaufhörlich in einem Zustand der Empörung. Überall auf der Welt kämpfen viele von uns um unser Leben, während sie sich gleichzeitig für die Verteidigung derer einsetzen, die sie lieben. Wir kämpfen für den Schutz unseres Planeten und unserer Körper. Wir ertragen und hören nicht auf zu erschaffen. Wir sind die Protagonisten im Theater unserer Tragödie. Aber was ist mit unseren beschaulichen Leben? Worüber machen wir uns Gedanken? Wer sind wir in unserem Zustand des Tagträumens und der Ehrfurcht? Wohin wandern unsere Gedanken? Welche Spiegelbilder betrachten uns im Abwaschwasser, beim Auswringen unserer Kleidung, beim Säubern unserer Haut in einem Eimer voller Seifenblasen? Wir werden immer Kunst brauchen, um die revolutionäre Vorstellungskraft Schwarzer Frauen widerzuspiegeln; die Wege, die wir zurückgelegt haben, unsere Mühen, unsere Muße und unser Erfindungsgeist. Unsere Freiheit.

Dies ist eine Gelegenheit für Frauen aller Orientierungen, Nationalitäten und Identitäten zusammenzukommen, um die Bedingungen, die uns zum Schweigen bringen und verschwinden lassen, wertzuschätzen, zu unterstützen und umzugestalten. Dies ist die Evolution der Herzensarbeit. Wir müssen unseren Wortschatz erneuern und um Ausdrücke erweitern, die aus unserem tiefsten und unzensierten Selbst sprechen. In unserer Verschiedenartigkeit sind wir eins und verbunden. Wir feiern die Möglichkeiten, die sich aus unseren kreativen Bündnissen ergeben haben. Wir haben uns einer rigorosen feministischen Zukunft verschrieben.

Der entscheidendste Teil des Voices-Theaterstücks werden die Einsendungen sein. Wir gestalten dieses Kunstwerk mithilfe real vorliegender Gedichte Schwarzer Frauen und der bildenden Kunst, die sie als Reaktion auf ermutigende Aufforderungen erschaffen haben. Die Aussagekraft gilt insbesondere der Verletzbarkeit und der Integrität der Kunst, die wir teilen möchten. Hierfür bitten wir Schwarze Frauen aus der ganzen Welt, uns Gedichte, Monologe, Geschichten und Werke der bildenden Künste zuzusenden, anhand derer die Bandbreite unserer Erfahrungen dargestellt werden kann. Gegenwärtig sind Zusendungen bis zum 14. Februar 2021

Wir brauchen diese nun mehr denn je. Wir brauchen Kunst, die eine Gemeinde repräsentiert, einen Zweck verfolgt und von Engagement geprägt ist. Voices wird sich der Politik und der künstlerischen Eigenständigkeit sowohl des Prozesses als auch des Projektes widmen. Wenn Sie eine Schwarze Frau lieben, ermöglichen Sie ihr, ihrer Kreativität freien Lauf zu lassen. Wenn sie in sich eine Geschichte trägt, die sie befreien kann, helfen Sie ihr sie festzuhalten. Mögen alle Schwarzen Frauen frei grammatikalischer Zwänge und Bedingungen schreiben (oder sprechen), die dem Erzählen unserer Geschichten einen Maulkorb verpassen. Wenn ihr eine Schwester kennt, die eine beeindruckende Geschichte zu erzählen hat, diese aber weder vorlesen noch aufschreiben kann, bietet ihr an, ihre Worte für sie zu notieren. Wir brauchen jede und jeden, die und der willens und fähig ist, sich an diesem Bemühen zu beteiligen.

MÖGE DIESES KUNSTWERK DURCH ZWEIFEL, FRUSTRATION UND VERZWEIFLUNG FÜHREN. MÖGE ES EINE ABRECHNUNG UND EINE OFFENBARUNG SEIN. ERZÄHLT ES EUREN LEUTEN. HELFT UNS, UNSERE STIMMEN ZU ERHEBEN, DAMIT SIE UNS DEN WEG WEISEN KÖNNEN.

~ Aja Monet ~

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